Copper Coat und Pläne

Freitag, 31. Juli 2020: ich bin nun schon einen Monat in Aruba und Claudia ist seit dem 14. Juli in der Schweiz. Sie kann nun nach Belieben ihre Wanderlust im helvetischen Gebirge ablaufen, während ich mich der Vengo widme. Das liest sich fast etwas unfair, ist es aber keinesfalls, ich habe ihr sogar den Vorschlag zur vorgezogenen Heimreise gemacht. Mit einigen Modifikationen soll die Vengo langsam zu meinem Schiff werden. Allein schleift, harzt und malt es sich besser, denn Chaos wird von der Crew der Vengo oft recht verschieden interpretiert. Mit anderen Worten, die Vengo ist vorübergehend zur Werkstatt geworden.

Der Hauptgrund aber um meinen Aufenthalt zu verlängern, war die Absicht das Unterwasserschiff mit Copper Coat als Antifouling zu behandeln. Diese aufwändige Arbeit sollte in unserem Auftrag durch die Werft der Marina ausgeführt werden, von der Gallina wissen wir ja bereits, wie es geht. Nach einigen negativen Erfahrungen von Arbeiten in Werften, wie jüngst zum Beispiel in Canet en Roussillon (Frankreich) und auch nach Begutachten der lokalen Baukünste unseres von der Marina gemieteten Ein-Zimmer-Studios, erschien es mir doch vorteilhaft die Arbeiten zu begleiten. Skepsis ist allemal angebracht, die Beschichtung mit Copper Coat verlangt ein präzises Arbeiten sowie Timing, von beidem war ich bislang in der Karibik nicht immer überzeugt.

Copper Coat ist ein Gemisch aus Kupfer und Epoxid Harz, wirkt gegen marinen Bewuchs, wird kaum abgetragen und hält 10 Jahre und länger. So entfällt der jährliche Neuanstrich mit üblichem Antifouling. Das Produkt ist in der Anschaffung sehr teuer, über die Jahre aber wohl eher günstiger als die üblichen Produkte. Obendrauf ist es auch recht umweltfreundlich, gar im Bodensee zugelassen und das will doch etwas heissen.

Das Auftragen mit Copper Coat verläuft im Wesentlichen in vier Schritten, welche ein sehr genaues Arbeiten verlangen:

Zunächst muss mal das alte Antifouling, mittels Sandstrahlen und Schleifen, bis auf den Gel Coat entfernt werden. Im zweiten Schritt werden die dabei im Gel Coat entstandenen Löcher ausgebessert. Dieses Spachteln und Schleifen nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.

Nach zwei Wochen ist soweit alles vorbereitet, das Material aus Miami pünktlich eingetroffen und es kann mit Schritt drei, dem zweimaligen Auftragen des Voranstriches oder Primers begonnen werden.

Vor dem letzten wichtigen Schritt, dem Auftragen von Copper Coat, wird der Primer angeschliffen was später eine schönere Oberfläche bewirkt. Nach einer gründlichen Reinigung kann mit dem Auftragen des Copper Coat begonnen werden. Dabei muss die Arbeit in einem Tage erledigt sein. Vier Schichten werden nacheinander feucht in feucht aufgerollt. Zu viert haben sie diese heikle Arbeit erledigt. Rishi der Werftchef hat die Komponenten, Harz, Härter und Kupferpulver zusammengegossen und die Arbeiten überwacht, Ethan hat durch ständiges Aufrühren des Gemisches darauf geachtet, dass das Kupfer in der Wanne nicht absinkt und abwechselnd den beiden an den Rollern, Pepe und Gerrard, vom Gemisch nachgeliefert. Die Arbeit verlief ruhig und konzentriert, vom karibischen Palaver und Lachen war nichts zu hören, still, konzentriert und zügig wurde in perfekter Weise Schicht um Schicht aufgetragen. Am Mittwoch wurde der Steuerbordrumpf und am Donnerstag der Backbordrumpf fertig gestellt.

Die vier haben grossartig gearbeitet, der Anstrich ist aus einem Guss, keine Wolken, Tränen oder ähnliche Unschönheiten, einfach perfekt. Rishi hat sich minuziös auf das Unternehmen Copper Coat vorbereitet, die Anleitungen genaustens studiert und seine Arbeitsvorbereitungen waren absolut professionell.

Vor drei Wochen haben wir mit dem Projekt Copper Coat begonnen und nun ist es abgeschlossen. Ich habe mich in dieser Zeit auf der Werft immer wohler gefühlt. Die Akzeptanz und auch die Hilfsbereitschaft der Werftarbeiter waren zunehmend spürbar. Alles in Allem verbrachte ich eine grossartige Zeit auf der Werft und in Aruba, zumal ich auch das eigene Basteln als gelungen bezeichnen kann und dieses mir mehr Beziehung zur Vengo gebracht hat.

Einmal frage ich Gerrard über seine Erfahrung mit Copper Coat. Er gesteht mir, dass er noch nie damit gearbeitet hätte, aber er sei auch noch nicht so lange in der Marina wie Rishi. Die gleiche Frage stelle ich also auch Rishi und er meint die Vengo sei das zweite Schiff und wir beide seien bezüglich Copper Coat Erfahrung auf dem gleichen Level. Alex, der Marina Manager meint dazu, sie hätten noch nicht viele, aber doch schon ein paar Boote mit Copper Coat behandelt.

Wem ich glauben sollte ist meine Sache. Hauptsache es wurde sichtbar gut gearbeitet, so dass ich Barbara und Ralph von der Lille Venn’s, sowie Chantal und Christian von der Puravida positiven Bericht erstatten kann. Beide Crews überlegen sich nämlich, ob sie ebenfalls auf Copper Coat umsteigen wollen.

Sonntag, 2. August 2020: morgen geht es via Amsterdam in die Schweiz. Ich freue mich sehr, aber trotzdem sind die Gefühle etwas gemischt. Wie werden wohl die Treffen mit Familie und Freunden in der Corona Zeit? Als wir vor einem Jahr in Canet en Roussillon im Süden Frankreichs starteten, sahen unsere Pläne etwas anders aus. Immerhin haben wir die Atlantiküberquerung bis Martinique geschafft und von dort aus auch Dominica und Guadeloupe gemeinsam mit Claudia und Andreas besucht. Aber dann ab Mitte März purzelten unsere Pläne dramatisch. Aus dem Besuch von Astrid und Christine wurde nichts, ebenso die Weiterfahrt südwärts entlang den kleinen Antillen und via Bonaire nach Curacao mussten wir streichen und an den geplanten Besuch Kolumbiens war schon gar nicht mehr zu denken. Auch wenn wir nicht alle Vorhaben realisieren konnten, wir haben sowohl in Martinique als auch jetzt in Aruba gute Zeiten verbracht und dürfen absolut nicht jammern. Nur knapp 20 sm südlich von Aruba beginnt Venezuela und damit das grosse Elend. Dort darf man jammern. Aber ganz bestimmt nicht, weil wir einige Reiseprojekte nicht realisieren konnten.

Letztlich fordert uns Covid 19 unsere Pläne einer Weltumsegelung nochmals zu überdenken. Die Krise hat schonungslos aufgezeigt, dass vermeintliche Paradiese entlang der Barfussroute (Route entlang dem Äquator) sich nicht immer als solche entpuppen und die Bewohner der vielen Kleinstaaten und Inseln mit den Massen ankommender Jachten oft überfordert sind. Zu sehr boomt der Trend mit einer Jacht unterwegs zu sein. So machen wir uns auch schon Gedanken unsere Pläne zu revidieren und über den Atlantik zurück nach Europa zu segeln. Mal sehen, vorläufig planen wir im Oktober zurück nach Aruba zu fliegen. Wie es von Aruba aus weiter gehen könnte planen wir noch nicht. Auf jeden Fall ist die Vengo startklar.

Im Nationalpark Arikok

 

Ankunft in Aruba

Mittwoch, 1. Juli 2020: nach der Umrundung der Südost Ecke Arubas legen wir um sieben Uhr morgens im Hafen Barcadera an. Kaum festgemacht, bekommen wir auch schon Besuch von einem Hafenpolizisten, der uns sehr höflich empfängt und uns zu einem Gesundheitscheck in einen dazu eingerichteten Container führt. Einzeln werden wir von einem jungen Sanitäter über unsere Gesundheit interviewt, Fieber gemessen und schliesslich für gesund erklärt. Nach diesem «beruhigenden Resultat» erledigen wir die üblichen Formalitäten bei Immigration und Zoll. Die vom Zoll statten uns noch einen oberflächlichen Besuch auf der Vengo ab. So oberflächlich, dass das Ganze vielmehr einem Höflichkeitsbesuch ähnelt und wir die 6 Liter Martinique Rum für Paul, einem in Aruba gestrandeten Franzosen, locker durch den Zoll bringen.  Etwas später folgen wir einem Lotsenboot der Marina Varedero, welches uns den Weg durch die heikle Passage bis zum Ankerplatz weist. Wir fahren den Anker gut ein, machen uns dann mit der Dopo auf den Weg ins Büro der Marina und sind damit ohne Quarantäne in Aruba angekommen. Sehr freundlich werden wir von Alex, dem Chef der Marina und Judith, der Chefsekretärin empfangen. Das Herausnehmen der Vengo planen wir für Freitag. Aber wie das so ist, mit der Planung während der Coronazeit, es kommt gelegentlich anders.

Donnerstag, 2. Juli 2020: 9.45, wir erhalten Besuch vom Boot der Marina und es wird uns mitgeteilt, dass wir doch noch einen Corona Test machen müssen und zunächst mal auf der Vengo auf weitere Informationen warten sollen. Also doch, eigentlich haben wir den durchaus sinnvollen Test gestern bei unserer Ankunft erwartet. Aber wie es scheint, hat man uns da schlicht vergessen. Um 15.30, in einer Räumlichkeit der Marina, lassen wir und vier weitere Jachtis den unangenehmen, aber doch sinnvollen Test über uns ergehen und werden gebeten wieder zurück auf die Schiffe zu gehen, um dort 24 Stunden auf die Testergebnisse zu warten.

Freitag, 3. Juli 2020: um 16.00 erfahren wir es, wie zu erwarten sind alle Testergebnisse negativ und es ist nun zu spät fürs Auswassern. Wir verschieben diesen Anlass auf Montag.

Spannender Tauchgang an einem Flugzeugwrack