Von Mr. Bush zu Pablo und Balduin

Dienstag, 7. Juni: Jeder Yachty der in Providencia vor Anker geht kennt die Bush Agency, den „Ein Mann Betrieb“ von Mr. Bernard Bush. In Kolumbien, so will es das Gesetz, muss nämlich der ganze Behördenkram von Ein- und Ausreise über einen offiziellen Agenten laufen und das ist eben Mr. Bush den wir bereits am Tag nach unserer Ankunft kennengelernt haben. Nun soll uns Mr. Bush helfen das Ruderproblem zu lösen. “ No problem“ meint er, zückt sein Handy, quaselt etwas hinein und verspricht, dass „the best mechanic oft he island will arrive soon“. Während der Wartezeit frag ich ihn weiter nach einem Augenarzt, die Antwort kommt prompt: „Lynd Newball, the best eye doctor oft he world“. Lynd sei ein Kind Providencias, verkündet er mit sichtbarem Stolz, habe in Bogota studiert und praktiziere nun in seiner Augenklinik auf der Nachbarinsel San Andres. Bush bestätigt damit, was wir bereits aus Freund Hobis Recherche via Mail erfahren haben. Bald kommt der Mechaniker – Moses – er kann englisch wie ich spanisch – ich beschreibe ihm das Problem – er könne es nicht lösen – kenne aber jemanden der ….. und schon sitze ich hinten auf dem Roller. Nach zehnminütiger Fahrt stehen wir vor einem stattlichen Haus, die Hausherrin heisst uns willkommen, meine Spanischkenntnisse reichen für ein „casa linda“ (das Haus ist tatsächlich sehr schön), und sichert Moses und mir einen Kaffee während wir auf ihren Gatten Pablo warten. Nach einer knappen Stunde erscheint dieser dann auch; und wie! Um die fünfzig, gross, krausköpfig und so freudestrahlend wie sein Bauch rund ist. Da Pablo kein Englisch spricht, erklärt Moses das Problem und ich ergänze mit meinem spanischitalienischen Mix. Bald entwirft Pablo mit geschickter Hand einige Skizzen anhand derer ich Form und Bau des Ruders gut beschreiben kann. So entsteht in Kürze eine Art perfektes Phantombild des Ruders. Pablo ist bereit die Arbeit zu übernehmen und versichert, dass er das fehlende Material besorgen könne. Nach einem herzlichen, karibischen „Faust auf Faust“ sind wir uns einig. Der geduldige Moses fährt mich zurück nach Santa Isabel und will, karibisch ungewohnt, von meinem Zahlungsversuch für Taxidienst, Wartezeit und Vermittlung absolut nichts wissen. Am Nachmittag bringen wir wie vereinbart das zweite, noch ganze Ruder von der Gallina zum Pier, wo es Pablo empfängt und uns mit seinem Kollegen Balduin, Englisch sprechend, Mitte dreissig und Rastaman, bekannt macht. Er Pablo sei für die Metallarbeiten zuständig und Balduin für die Holz- und Epoxy- Arbeiten. Mittwoch, 8. Juni: Pablo bringt uns den Kostenvoranschlag. 3 600 000 Pesos, etwas weniger als Fr. 1200-, für beide Ruder ist äusserst günstig. Die teuersten Posten sind die INOX-Vollprofile für die beiden Ruderschäfte. Sie verursachen mehr als ein Drittel der gesamten Kosten und müssen von Bogota via San Andres angeliefert werden. Als Kenner der italienischen Verhältnisse sind wir allerdings doch äusserst skeptisch was den von Pablo genannten Liefertermin von weniger als einer Woche betrifft. Lassen wir uns also einfach mal überraschen, geniessen die Zeit, davon bleibt wohl auch genügend für die Augenklinik in San Andres und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Pablo und Balduin.

Rund um die Insel

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Montag, 6. Juni: trotz, oder gerade wegen des fehlenden Ruders beschliessen wir die für heute geplante Velotour durchzuführen und besteigen im Laufe des Morgens zwei tadellose Mietvelos. Das Wetter ist ideal, wenig Sonne, Wolken und doch kaum Regen. Unsere Fahrt geht gemütlich entlang der Küste über leicht hügeliges, abwechslungsreiches Gelände. Wir staunen über die originell gestalteten Busstationen, mal mit Krabbe, mal mit Manta, mal mit Octopus und anderen Sujets überdacht. Wir staunen über die Alt-Pneu-Kunst entlang der Strasse und auch über die vielen Kirchen die alle für eine der vielen Glaubensgemeinschaften der Insel stehen. Nach verschiedenen Strandbesuchen mit Baden, Essen und Siesta sind wir am späten Nachmittag wieder in Santa Isabel. Wir verbrachten einen wunderbaren Tag auf der schönen und sympathischen Insel.

 

Sonntagsbescherung

Sonntag, 5. Juni: „Anker lichten, die Titanic besteigen und die Gallina sich selbst überlassen. Soll sie doch nach Honduras oder Nicaragua treiben und ihr Ruder selber suchen“, solche und noch üblere Gedanken mit jeweils passendem Vokabuklar entspinnen meinem Hirn und finden ihren Weg nach draussen an die frische Luft nachdem Claudia aufgetaucht und offensichtlich geschockt mir beibringt, dass das Steuerbordruder fehlt. Einfach weg, der Ruderschaft, ein Alu Roh, ist am Rumpf beinahe sauber abgebrochen, so präsentiert sich die Situation …… unmöglich, beinahe grotesk, aber da wo es wahr fehlt es und treibt wohl irgendwo auf Honduras oder Nicaragua zu. Nach einigen weiteren unkontrollierten Eskapaden beginnt es in meiner oberen Etage wieder vernünftig und geordnet zu denken und schau an, ich erinnere mich tatsächlich an den Schöpfer der Gallina. Hab ich den Ruderschaft zu schwach dimensioniert oder liegt möglicherweise ein Materialfehler vor? Von Frits, dem holländischen Katamaran Konstrukteur, kommt auf meine Frage bald die ernüchternde Antwort per Mail – „Rolf, es ist zu schwach dimensioniert“. Sch …., aber da nützt alles Wenn und Aber, hätte ich doch besser etc. ….. nichts. Es müssen einfach zwei neue Ruder her. Finden wir das notwendige Material auf der kleinen Insel mit ihren gerade mal gut 5000 Einwohnern?

Grand Cayman bis Providencia, Wind, Flaute, Gewitter, Gegenstrom und eine Goldmakrele

 

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Montag, 30. Mai, 14.50: Nach erneutem Ausklarieren legen wir von der Boje ab und nehmen Kurs auf das ca. 360 sm südlich gelegene Providencia. Anfangs laufen wir ganz flott, so auch durch eine Regenfront, es geht in die Nacht, der Wind flaut ab, die Wellen bleiben, immerhin es regnet nicht und irgendwann wird es Dienstagmorgen. Dienstag, 31 Mai: Weiter geht es bei Gegenstrom zwischen der Honduras/Nicaragua Bank und Jamaika, segeln teils nur mit 2 kn, wenigstens regnet es nicht, vielmehr scheint die Sonne und wir fangen eine Goldmakrele. Mittwoch 1. Juni: Gegen den Morgen frischt der Wind auf und wir segeln mit 6-7 kn auf Halbwind-Kurs. Im Laufe des Tages flaut dieser wieder ab. Beim Einnachten bergen wir das Grosssegel und dümpeln mit Genua und Motor durch eine unruhige See. Immerhin, die wunderbaren Goldmakrelenfilets aus Claudias Küche halten uns bei guter Laune. Bald jedoch wird’s ungemütlich. Wir laufen in stockdunkler Nacht durch eine Abfolge von Gewittern mit drehenden Winden. Auch der ständig gebannte Blick auf den Radar hilft reichlich wenig. Der Wolkendeckel über uns will sich einfach nicht auflösen. So dauert das Feuerwerk bis in die frühen Morgenstunden. Donnerstag, 02. Juni: Am Morgen bleiben noch immer gute 50 sm bis Providencia und langsam sind wir um jeden Squall froh, denn diese bringen nicht nur Regen sondern auch günstige Winde. Kurz vor dem Einnachten ankern wir vor Santa Isabel, dem Hauptort von Providencia. Eine zweite Portion Makrelenfilets mit einem guten Glas Wein entschädigt uns wenigstens etwas für die doch eher mühsame Überfahrt. Hundemüde geht’s bald in die Koje.

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